Dienstag, 10. Januar 2012

Alben des Jahres 2011 - Markus

Im Jahresrückblick 2010 hatte ich mich noch über die mangelnde Quantität an wirklich guten Alben beschwert, großartig geändert hat sich dieser Zustand nicht, doch wenn man sich damit arrangiert, dass echte Knaller eher Mangelware sind, gab es auch dieses Jahr eine Menge guter Alben zu hören. Wie man feststellen wird, stammen diese bei mir vorrangig aus dem Bereich des Hip Hops, jedoch finden sich in meiner Liste auch Indie, Electronic und in einem Fall sogar Post-Rock wieder, obwohl ich bisher nie Fan von diesem Genre wurde. Bevor es in meine Top20 geht, hier noch ein paar Veröffentlichungen, die ich gern erwähnt hätte, bei denen es sich jedoch um EPs und nicht um Langspieler handelt. Zum einen wäre da "Satin Panthers" von Hudson Mohawke welches neben dem absoluten Banger "Thunder Bay" noch mit 4 weiteren gelungenen Wonky-Tracks aufwartete. Auch "Life Sux" von Wavves konnte überzeugen, wie auch die EPs von Prinz Pi und ASAP Rocky. Abschließend muss noch gesagt werden, dass die Liste nur eine Momentaufnahme ist und die Platzierungen noch variieren werden. Zudem habe ich bis dato noch nicht geschafft alle vielversprechenden Alben des vergangenen Jahres oft genug zu hören, so dass es gut möglich ist, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt auch noch die aktuellen Veröffentlichungen von Hiob oder Shlohmo hier wiederfinden würden. Nun aber zu meinen persönlichen Highlights.


20. Portugal. The Man - In The Mountain In The Cloud

Das zweite Album der Band, nach "The Satanic Satanist", mit dem ich mich genauer beschäftigt habe, kommt zwar nicht an das eben genannte heran, hat aber dennoch seine Höhepunkte. Es finden sich zwar auch Füller, jedoch können Stücke wie "Floating" und "Got It All" als schön instrumentierte und mitreißende Popsongs überzeugen.


19. Korallreven - An Album by Korallreven

Eigentlich hatte ich mir von diesem Album einiges mehr erhofft. 5 von 10 Tracks waren schon bis zu 2 Jahre lang im Netz und waren auch äußerst gut, jedoch haben sie mittlerweile einiges von ihrem Charme und ihrer Frische durch häufiges Hören eingebüßt. Da die restlichen Stücke mich leider nicht wirklich kicken, ist "An Album by Korallreven" zwar ein theoretisch gutes Album, in der Praxis jedoch eher uninteressant, da man die Höhepunkte schon häufig gehört hat. Nichts desto trotz sind Tracks wie "Loved-Up" und "As Young As Yesterday" immer noch großartig, so dass das Album hier nicht fehlen darf und Personen, die die Band noch nicht kannten, durchaus überzeugen können sollte.


18. Tufu - Hässlon

Diese Platte ist nicht besonders spektakulär, jedoch trotzdem gelungen. Battle-Rap gegen Kommerzialisierung, Pseudo-Individualität und Wack MCs auf dunklen Sample-Beats. Gabs schon mal, klingt hier aber dank der gewissen Vetrackheit der Instrumentals und dem fokusierten Vortrags Tufus trotzdem frisch.


17. Cut Copy - Zonoscope

Nein, das Niveau des tollen "In Ghost Colours" aus dem Jahr 2008 erreicht Cut Copys drittes Album nicht. Trotzdem finden sich hier einige wirklich gelungene Songs mit Hitcharakter wie "Where I'm Going", die nahtlos an die Ohrwurmqualitäten von "So Haunted" oder "Far Away" anschließen können. Ein nettes Indie-/Electro-Pop-Album.


16. 4 Trackboy & Echomann - MMX

Auf "MMX" bekommt man das, was man erwartet, wenn der Retrogott und Twit One kollaborieren: smoothe, soulige Beats und gute Battle-Raps mit intelligenten Wortspielen. Ein lockeres und auch gelungenes Release.

15. Mogwai - Hardcore Will Never Die, But You Will

Eigentlich bin ich kein Fan von Post-Rock, doch die Genre-Helden Mogwai schaffen es auf diesem Album den Stil auch für Leute wie mich ansprechend und spannend genug zu gestalten, so dass die Höhepunkte wie "Rano Pano" wirklich fesseln können.


14. The Midnight EEz - The Midnight EEz

Genau genommen gehört diese Platte gar nicht hier her, denn bei The Midnight EEz handelt es sich nicht um aktuell in der Öffentlichkeit aktive Musiker, sondern um ein unbekanntes Produktionsduo, das irgendwann 1995/96 eine Instrumental-Tape an ein Label verschickte, wo dies allerdings bis vor kurzem in einer dunklen Ecke verweilte, bis es bei einem Umzug entdeckt und später dann gemastert wurde. Trotz der späten Veröffentlichung, wissen die 14 Beats auch heute noch, mit ihrem klassischen, trockenen Oldschool-Sound zu überzeugen.


13. Neon Indian - Era extraña

Mit seinem Debut legte Alan Palomo ein äußerst kurzweiliges Synth Pop-Werk ab, an dem er sich nun messen lassen musste. So ganz ist es ihm nicht gelungen dieses Niveau erneut zu erreichen, doch auch auf "Era extraña" finden sich einige wirklich gute Songs, die sich gekonnt zwischen Electronic, Chillwave, Shoegaze und Pop bewegen.


12. Big K.R.I.T. - ReturnOf4Eva

Big K.R.I.T. ist ein Rapper mit vielen Facetten. Er kann sowohl das Feiern im Stripclub als auch den Umgang mit Stereotypen passend thematisieren. Dies erklärt warum auf den Veröffentlichungen von so unterschiedlichen Akteuren wie Ludacris und The Roots zu finden ist. Diese Variabilität zusammen mit lyrischen und technischen Fahigkeiten und seiner Stärke als Produzent machen "ReturnOf4Eva" zu einem äußerst abwechslungsreichen und musikalisch gelungenen Werk.


11. Knowsum - The Most Awkward

Ein weiterer guter Beat-Bastler ist Knowsum, ein 18-jähriger aus Mainz, der auf "The Most Awkward" 37 seiner Beats zusammenstellte, die den Eindruck verstärken, dass hier ein äußerst talentierter Herr am Werk ist, der in der Lage ist hervorragende, auf Sampling basierende laid back-Beats zu produzieren. Ich bin gespannt auf das, was er demnächst noch so veröffentlichen wird.


10. Clams Casino - Instrumentals

Er ist mitverantwortlich für die besten Tracks auf "LiveLoveA$AP", arbeitet zusammen mit Lil B, The Weeknd und vielen weiteren aktuellen Künstlern. Ja, Clams Casino ist definitiv einer der interessantesten Akteure unter den US-Produzenten. Einige seiner bisher besten Instrumentals wurden Anfang des Jahres auf einem Mixtape zusammengestellt und später dann auch auf Vinyl veröffentlicht. Wer wissen will, was Cloud-Rap ausmacht, sollte sich diese Platte hier unbedingt einmal anhören.


9. The Streets - Computers and Blues

Ich muss zugeben, dass dies das erste Album von The Streets ist, mit dem ich mich näher beschäftigt habe. Auch wenn das Werk im Gegensatz zu früheren Werken weniger positiv aufgenommen wurde, habe ich durchaus meinen Gefallen gefunden. Ein abwechslungsreiches Klangspektrum zwischen Hip Hop, Electronic und Pop plus die nicht spektakulären, dennoch gelungenen Texte von Mike Skinner ergeben ein eingängigen und durchaus würdigen Abschluss des The Streets-Projekts.


8. Brenk Sinatra - Gumbo 2: Pretty Ugly

Das neben Twit One stärkste Instrumental-Werk war dieses 23 Tracks starke Album des Wieners Brenk Sinatra, der, wenn er nicht gerade Beats raushaut, u.a. MC Eiht und Guilty Simpson mit Instrumentals beliefert. Basslastige Banger treffen auf klassisches Soulsampling und jazzige Stücke für die Abendstunden. Ein herrvoragendes, abwechslungsreiches Album, dass trotzdem wie aus einem Guss wirkt.


7. The Pains Of Being Pure At Heart - Belong

Das beste Indie-Rock/Pop-Release des Jahres stammt von dieser charmanten Band mit dem langen Namen. Wo ihr Debut noch noch ein wenig den Druck vermissen ließ, haben sie nun eine Schippe draufgelegt. "Belong" wirkt kräftiger, orientiert sich stärker an The Smashing Pumpkins, liefert mit "Even In Dreams" eins meiner Lieblingsstücke des Jahres und ist somit ein wirklich gelungener Zweitling.


6. Mac Miller - Best Day Ever

Er ist einer der größten Duschstarter im aktuellen US-Rap-Geschehen und das nicht zuletzt wegen seiner Mixtapes. Zwei hat er davon neben seinen Debutalbum dieses Jahr veröffentlicht, wobei "Best Day Ever" sowohl seinen "richtigen" Langspieler "Blue Slide Park" als auch das zweite diesjährige Tape "I Love Life, Thank You" übertrifft. Mit Hits wie "Donald Trump" und "Wake Up" gibt es hier Pop Rap der guten Sorte und eingängige, frische Beats.


5. Twit One - Stepping Stones

Die Spielzeit dieses Albums beträgt zwar nur 15 Minuten, doch trotzdem reicht die Zeit um festzustellen, dass es sich bei Twit One um einen der talentiertesten Beatbastler im deutschsprachigen Raum handelt. Seine hervorragendes Gespür für Samples und die tollen Tunes, die er aus alten Plattenkisten herausgezogen hat, machen "Stepping Stones" zu einer kurzweiligen, angenehmen musikalischen Reise durch Hip Hop, Soul und Funk, frei nach Tocotronic: "Harmonie ist eine Strategie". Hier ein äußerst gute.


4. Casper - XOXO

Wer hätte Anfang des Jahres gedacht, dass ein Rapper mit äußerst kratziger Stimme, auf von Indie und Post-Rock beeinflussten Instrumentals, die negativen Gefühle der Jugend thematisierend, in Deutschland Gold gehen würde? Vermutlich nur Wenige. Doch Casper hat es geschafft. Einer der seltenen Fälle, in denen sich musikalische Qualität und Verkaufserfolg ungefähr die Waage halten. Sicherlich überschreiten die Texte manchmal die Grenze zum Kitsch und triefen vor Pathos. Jedoch schafft der 29-Jährige es einfach mitreißende Songs zu schreiben, die emotional berühren.


3. ASAP Rocky - LiveLoveA$AP

Lyrische Neuerungen und Glanzleistungen findet man auf diesem Mixtape nicht, dafür aber grandiose, eigenständige Beats, Coolness und eine gehörige Portion Swag. Produzent der Stunde Clams Casino, Ty Beats und weitere haben einen Klangkosmos zwischen Nebelschwaden, Betäubungsmitteln und Erhabenheit erschaffen, innerhalb dessen ASAP Rocky seinen Status als Pretty Motherfucker zementiert, Sizzurp- und Gras-Konsum thematisiert und seine Hood Harlem repräsentiert. Ein äußerst starkes Werk, wenn man bedenkt, dass es sich hierbei nur um ein Mixtape handelt und dies die erste größere Veröffentlichung des jungen Herren ist.


2. Prinz Pi - Rebell Ohne Grund

Man könnte eine Menge Kritikpunkte aufzählen: eine einheitliche Stimmung oder Atmosphäre gibt es nicht, die Features können (traditionell) nur selten überzeugen, die Grenze zum Kitsch wird hin und wieder überschritten und das Album ist zu lang. Abseits davon gibt es allerdings das eingängige "Virus" mit Pixies-Sample, eine der besten letztjährigen Deutsch-Rap-Hooks in "Du Bist", mit "Laura" die grandiose Verarbeitung des Selbstmords einer Exfreundin, Hits und Hymnen wie "Der Rand" und "Marathon Mann" und weitere Highlights. "Rebell Ohne Grund" steht dem Ausspruch "Das Ganze ist größer als die Summe seiner Teile" konträr gegenüber, lief aber trotzdem am häufigsten von alle Alben 2011 bei mir.


1. Morlockk Dilemma - Circus Maximus

Dass der Leipziger zu den besten seines Faches gehört, hat er mit jeder seiner Veröffentlichungen bestätigt und spätestens jetzt sollte es unumstößlich sein. Kaum jemand verbindet so gekonnt Untergrundattitüde und aggressiven Flow mit solchem Storytelling und Wortgewandheit. Egal in welches Terrain er sich begibt, er weiß zu überzeugen. So schlüpft er in die Rolle des Misanthropen, der nach einem großen Massensterben "freie Fahrt von der Ostsee bis zur Adria" hat, degradiert Rapper zur "Vorsuppe", mimt den erlösenden Messias, thematisiert das Schicksal des Galgenbergs uvm. Diese ganzen Geschichten und Szenarien werden untermalt von grandiosen Beats, die zusammen mit den Lyrics wissen, wie man ein Kopfkino erzeugt. Nur selten hört man solch gelungene Adaptionen von literarischen Themen und Stilen, wie wenn er z.B. in "Der Baum" zusammen mit Hiob eine moderne Sage erzählt und sich in "Die Röhre" von Kurt Vonnegut inspirieren lässt.

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