Dienstag, 7. Februar 2012

Marsimoto - Grüner Samt (Review)

Marsimoto ist eine durchaus einzigartige Erscheinung in der deutschen Rap-Landschaft. Wie viele schon mitbekommen haben sollten, handelt es sich hierbei um das Alter Ego von Materia, welches einen Faible für die Farbe Grün und Graskonsum hat. Nun sollte man als Neueinsteiger nicht erwarten auf ein deutsches Pendant zum Namensgeber Quasimoto, ein Alias von Madlib, oder derzeit hippen amerikanischen Weed-Rappern wie Curren$y zu stoßen. Nein, auf dieser Platte erwartet den Hörer eine überzeichnete Kunstfigur, die mit hochgepitchter Stimme u.a. die Glorifizierung von Indianern, seinen Kumpel, den Basketball und das Schicksal eines Wals auf elektronischen Beats thematisiert.

Mittlerweile beim dritten Album des Konzepts angelangt, hat man mit "Grüner Samt" ein sehr eigenständiges Werk abgeliefert, dass auf Seite der Raps komplett auf Features verzichtet und auch seine Instrumentals nur aus dem Green Berlin-Camp bezieht, zu dem u.a. Dead Rabbit, der schon am Debut "Halloziehnation" maßgeblich beteiligt war, und The Krauts, verantwortlich für Produktionen auf dem Materia-Album "Zum Glück in Die Zukunft", gehören. Dies garantiert eine sehr stringentes und homogenes Ganzes, einen Sound der den Drogenkonsum auch für den nüchternen Hörer erlebbar macht und eine entspannte, trotzdem schräge Atmosphäre. Die Produzenten lehnen sich dabei an unterschiedliche elektronischen Stile an, häufig scheint die Bezugsquelle in Form von Dubstep und Future Garage in London zu liegen, hin und wieder werden auch eher klassischere Hip Hop-Instrumentals eingestreut. Auch Samples finden sich so z.B. in "Grünes Haus" The White Stripes. Immer wieder ertönen Sounds, die an andere Acts erinnern. "Indianer" klingt wie ein sauberes Instrumental von Gonjasufi, in "Wo ist der Beat" findet man Kraftwerk-artige Synthies und "Absinth" endet mit einem zerstückelten, hippeligen Beat, der auch von Warp Records-Künstlern wie Squarepusher und Aphex Twin stammen könnte.

Auch textlich wird in vielen Gefilden gewandert, die immer wieder eine weitere Facette Marsimotos aufzeigen. Mal ist er der Wilde ("Zigeuner"), dann die Person, die prominente Todesfälle der Musikgeschichte mit erlebt hat ("Der springende Punkt") und zu guter Letzt "Der Sänger von Björk". Daneben bleibt noch genug Zeit klassisches Representing zu betreiben ("Grünes Haus"), sich vom Rest der Szene abzugrenzen ("Wellness") und der favorisierten Droge Liebeslieder zu schreiben ("Ich Tarzan, Du Jane").

"Grüner Samt" ist ein wirklich gelungenes Album mit einem hohen Maß an Eigenständigkeit, welches sich mit 55 Minuten als äußerst kurzweilige, unterhaltsame Angelegenheit darstellt. Unnötigen Ballast wie auf vielen anderen Veröffentlichungen aus dem Bereich sucht man hier vergebens. Einziger Kritikpunkt ist das erste Viertel des Langspielers, das zum Rest der Platte etwas abfällt. Eins der frischesten Deutsch-Rap-Produkte seit langem.

8/10 Punkte




erstellt von Markus.

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