Freitag, 3. Dezember 2010

Neon Indian - Psychic Chasms (Review)

Der ein oder andere wird sich wahrscheinlich beim Lesen des Albumtitels gefragt haben, "Hä?! Ist das nicht ein bisschen spät?". Ganz unrecht hat der- bzw. diejenige nicht. Denn eigentlich kam "Psychic Chasms" schon vor einem Jahr raus, doch nur in den USA. Erst jetzt entschied sich das Label, das Album auch hierzulande in die Läden zu stellen. In den Staaten war Neon Indian dann schon längst gehypt und sowohl von Kritiker als auch Hörern überwiegend positiv aufgenommen worden. So dürften er auch einigen unseren Lesern bereits bekannt sein. Doch da hoffentlich viele von euch auch Tonträger kaufen und man ja öfters auch einige Hypes verpasst (was allerdings oft genug auch gut so ist), ist eine Rezension also durchaus noch angebracht.

Neon Indian ist das Ein-Mann-Projekt des in Denton, Texas wohnenden Alan Palomo. Schon vorher war er musikalisch in der Band Ghosthustler und seinem
Discoprojekt VEGA aktiv. Mit seinem neusten alter Ego verschreibt er sich dem Produzieren von Synthpopsongs mit Lo-Fi Elementen. Seit ca. 2 Jahren nennt man das jetzt Chillwave und verbindet damit Künstler wie Washed Out und Toro Y Moi. Ob dieser Genrebegriff allerdings wirklich sinnvoll ist und ob Neon Indian da überhaupt wirklich hineinpasst, sei jetzt mal dahingestellt. Was allerdings nicht unklar ist, sind die Einflüsse von Alan Palomo, nämlich wie so oft der Synthpop der Achtziger. Dazu mixt er noch Samples, unzählige Effekte, eingängige Melodien, allerhand altes Equipment und viel Lust damit rumzuprobieren. Dann nimmt er dies in Schlafzimmerqualität auf mischt das ganze basslastig ab und erhält so seinen typischen Sound, der zwar auf nichts weltbewegendem basiert, aber durchaus seine eigene Note hat.

Auf dem ganzen Album piept, summt, quietscht und blubbert es vor sich hin, und zugleich strahlt die Musik damit auch die pure Spielfreude aus. Man merkt einfach, dass hier jemand am Werke war, der es liebt sich an seinen vielen alten Synthesizern auszutoben und dafür auf unnötigen und komfortablen Technikschnickschnack verzichtet. Allgemein klingt alles angenehm locker, frisch und unverkrampft. Durch den pumpenden Bass bleiben die Stücke aber trotzdem immer groovy und tanzbar und gehen durch Popappeal und schönen Melodien auch schnell ins Ohr.

Große Stärke der Platte sind definitiv auch die Hooks. Mal werden diese relativ konventionell vorgetragen ("Deadbeat Summer"), mal durch einen Sound, bei dem man nicht mehr weiß, ob es sich nun noch um eine sehr effektbeladene Gitarrenspur oder doch einen Synthie handelt ("Terminally Chill") oder auch durch eine durch Vocoder und Effekte gezogene, verträumt klingende Stimme ("Mind, Drips"). Es gibt eigentlich keinen Song - bis auf die 3 unter einminütigen - bei denen die Hook kein Ohrwurmpotential hat.

Schwächen hat "Psychic Chasms" eigentlich nicht viele. 1, 2 Tracks sind eher durchschnittlich und auf der Dauer kann der LoFi-80s-Synthie-Sound auch nerven. Für ein Debut ist das Album trotzdem ziemlich gut gelungen, da besonders eine jugendliche und positive Unbekümmertheit durchstrahlt und dabei nicht nervt. Zudem klingt alles, trotz klaren Retrobezügen, frisch und eigenständig. Insgesamt ist es keine Überalbum, aber ein angenehm kurzweiliges schönes Stück Synthpopmusik. Allerdings wird sicherlich nicht jeder seinen Gefallen hieran finden. Wer elektronische Musik nicht mag, nur innovative Avantgarde hört oder hervorragende Produktion verlangt, dürfte nicht unbedingt viel hiermit anfangen können. Alle anderen sollte sich hier auf jeden Fall mal reinhören.

7/10 Punkten

erstellt von Markus.

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