Freitag, 11. Februar 2011

Prinz Pi - Rebell ohne Grund (Review)

Noch bevor man das Album überhaupt gehört hat, fällt einem etwas: Prinz Pi hat sich verändert, äußerlich. Mit längeren Haaren, Bart und neuer Sonnebrille präsentiert er sich auf dem Cover. Doch nicht nur optisch gibt es Veränderungen, auch aus musikalischer bzw. textlicher Sicht hat er sich weiterentwickelt und behandelt jetzt verstärkt ein Thema, was er zwar immer wieder angeschnitten, nie aber so über LP-Länge als thematische Grundlage benutzt hat. Die Liebe. Allerdings äußerten sich das nicht in flachen und pathetischen "Ich liebe dich"-Texten, sondern wird eloquent und ehrlich in seinen zahlreichen Formen und Geschichten behandelt. So ist "Rebell Ohne Grund" auch ein sehr persönliches Album, in dem Prinz Pi oftmals seine eigene Gefühlswelt durchleuchtet. Aber auch Sozialkritisches und Ironisches findet sich auf der Platte.

Den Anfang der 18 Tracks macht "Bombenwetter" mit dem klassischen Rap-Thema "Ich bin wieder da und du bist immer noch wack", ein allerdings eher mittelmäßiger Track, da die wirklich guten Punchlines fehlen. Doch schon beim nachfolgenden "Der neue iGood" geht der Qualitätszeiger stark nach oben. Auf unterhaltsame Weise und gutem Beat wird hier das Dasein als Studentrapper parodisiert. Zeilen wie "Yeah, ich hänge ab im Teilchenbeschleuniger /melancholisch, als ob ich dein Zeuger wär'" garantieren ein Grinsen. "Du bist" ist dann das erste von zahlreichen Liedern, die sich um die Liebe drehen. Hier wird dann ein klassischer Fall, die starke aber auch schmerzhafte Zuneigung zu einer Frau beschrieben. Freud ("Ich bin verliebt wie ein Junge mit dem Bauch und darunter / Weiß unter deinem Kleid warten tausende Wunder" und Leid ("Wenn der Whiskey mir nicht hilft fahr ich Nachts ohne Licht / durch die Vorstadt auf der Suche nach dem was du nicht bist / Die Sms die ich will hast du nie abgeschickt" liegen da nah beieinander.

Liebe, Leidenschaft und darausfolgender Schmerz werden nachfolgend immer wieder thematisiert. Sei es bei der Sezierung einer gescheiterten Beziehung (Eifer & Sucht), dem Verhältnis zu seiner Tochter (Schlaflied) oder seiner zahlreichen Affären (Etc.). Auch wenn es um vordergründig um andere Dinge, wie z.b. das Schicksal dreier in der Bundeswehr dienenden Männer in "Drei Kreuze für Deutschland", bleiben Liebe und Verlust, diesmal verkörpert durch die trauernde Mutter bzw. Frau der 3, präsent.

Nachdem der Berliner den Hörer durch all diese Rückbetrachtungen geführt hat, finden sich zum Ende hin noch einige Highlights der Platte. In "Königin von Kreuzberg" rappt er dann wieder über eine Liebesbeziehung, doch diesmal steht weniger er und das Verhältnis zu ihr im Mittelpunkt, sondern sie. Und sie ist kein normales Mädchen sondern eine sehr eigene, linksradikale Punkerin, die sich am 1. Mai enthusiastisch an Krawallen beteiligt. Letztendlich ein, durch das Thema, sehr eigenständiger Track, der Laune macht. Das tut auch das nachfolgende "Rand II", allerdings noch wesentlich mehr, so dass es auch der größte Hit auf "Rebell Ohne Grund" ist. Ein guter Part von Pi, akzeptable Features (sogar Frauenarzt fällt nicht negativ auf) und ein sehr eingängiger Chorus sind jedoch nur bedingt der Grund für den großen Hitfaktor, da der Track vor allem durch den großartigen Beat getragen wird.

Wo wir bei der musikalischen Grundlage des Albums wären. Die Beats stammen wie immer größtenteils von Biztram, der es geschafft hat ein abwechslungsreiches und gleichzeitig sehr rundes Klangbild zu kreieren, das mittels warmer Synthies, Schlagzeug- und Gitarrensounds und dezent hallender Produktion sehr angenehm wirkt und so fast keinen Ausfall liefert. Ein Song, der zu guter letzt noch Erwähnung verdient, ist "Laura". Hier wird der Suizid einer Exfreundin thematisiert. Ein tragischer Fall, der Prinz Pi schon lange belastete und nun jedoch in Musik verpackt wurde. Die Tatsache, dass es sich um eine wahre Begebenheit handelt, macht das Stück umso emotional ergreifender für den Hörer und so zum besten auf der LP. Einfach nur großartig.

"Rebell Ohne Grund" ist letztendlich ein Album der Gefühle und das kommt auch rüber. Zudem klingt Prinz Pi sehr gereift und authentisch. Diese Eigenschaften zusammen mit den sehr guten Beats machen das Album zu einer für Deutschrap sehr runden Veröffentlichung. Man fühlt sich als Hörer wirklich nie aus einer Stimmung herausgerissen, obwohl diese durch die unterschiedlichen Tracks oft wechseln. Auch eher durchschnittliches Material stört auf der Platte nicht und fügt sich ins große Ganze ein. Der einzige Ausfall ist "Morgengrauen", mit schlechten und zu Prinz Pi unpassenden Features von Raf Camora und Mudi. Man muss auch Anmerken, dass kein Featuregast wirklich überdurchschnittliches abliefert, also das meiste Mittelmaß ist und somit nicht an den Gastgeber des Albums ranreicht. Trotzdessen ein wirklich gutes Rapalbum, was vor allem als rundes Ganzes aber auch durch starke Einzelsongs überzeugt. Wer mal wieder frischen HipHop ohne Klischees, Kitsch, Standart und Wackness hören will, sollte hier unbedingt mal reinhören.

8/10 Punkte


erstellt von Markus.

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