Mittwoch, 5. Januar 2011

Alben des Jahres 2010 - Redaktion: Leon

Hier kommt ein relativ umfangreicher Bericht ueber meine Lieblingsalben des Jahres. Es sind 22 geworden, statt der 20, die ich eigentlich besprechen wollte, aber ab und zu draengt sich halt noch was rein. Morgen schon kommen die Alben des Jahres von Markus... die sind gewohntermassen ganz anders als meine. ;)


1. Musik fuer Menschen - ...mal sehen, ob
das ein Album wird (9/10)

Eigentlich steht das hier stellvertretens fuer ein ganz grosses, aber klein geschriebenes form. Der hat dieses Jahr neben seinem wie immer unhoerbaren Untape 3 Tontraeger unter 3 Namen releast. Musik fuer Menschen war als das abwechslungsreichste der 3, die alle einen aehnlichen Stil hatten, der ein abstraktes Gemisch aus HipHop, Indie-Pop und Elektronischer Musik ist – also sowas wie das Daelek/Faust-Album, wenn es Flying Lotus und Maeckes gemacht haetten - das beste. Von erwartungsvoll uebergluecklich bis suizidgefaehrdet traurig gab es alles auf diesem Album zu hoeren ausser die Rapkuenste von form. Das war cool, aber mit etwas weniger Schizophrenie koennte ich hier jetzt “Meisterwerk” schreiben.




2. The Tallest Man On Earth - The Wild Hunt/
Sometimes The Blues Is Just A Passing Bird EP

Ein Mann mit einer Gitarre. Und raus kommen die schoensten und ehrlichsten Folksongs seit Bob… nein, Bob Dylan war gar nicht so gut. Tatsaechlich habe ich noch nie so gute und dabei so simple Folksongs gehoert. Diesen Songs werde ich wohl noch lang zuhoeren bis das naechste Album des Schweden kommt, wenn er vielleicht auf Albumlaenge die Staerke der EP ausbreitet oder sich haeufiger ans Piano traut oder ein paar Hintergrundgeraeusche mehr einbaut. Nicht falsch verstehen! The Tallest Man On Earth soll nie etwas anderes werden als der Mann mit der Gitarre aus “King Of Spain”, bitte.




3. Samsara Blues Experiment – Long Distance Trip (8/10)

Waere ich jetzt jemand, der gerne hypet, wuerde ich SBE jetzt die neuen Colour Haze nennen. Das wiederum setzte voraus Menschen wuerden Colour Haze ausserhalb des Genres und ausserhalb von Deutschland auch als Goetter verehren. Alle anderen bringen meistens einen Vergleich mit Earthless - aber der sitzt nicht. Wo Earthless auf irrelangen Psychedelic/Stoner-Uebungen einen fast postrockigen Entwicklungsansatz verfolgen, geht das bei SBE schneller, was vor allem daran liegt, dass die Gesangseinsaetze Unterbrechungen der Jams verlangen. Wie bei Colour Haze eben, nur wirkt das hier nicht so zwingend, sondern ab und zu eher gezwungen wirkt. Aber das und auch, dass die Stimme sich noch weiterentwickeln sollte, sind die einzigen Schwachpunkte des Albums, denen mit den indischen Einfluessen und der generellen Qualitaet der Musik deutlich mehr Gutes gegenueber steht. Das sage ich wenigstens, so als Liebhaber dieser Szene in Deutschland.




4. Scout Niblett – The Calcination Of Scout Niblett

Eine Frau mit einer Gitarre. So rau, emotional und verzerrt ist das Instrument, dass es an manchen Stellen gar nicht mehr als dieses wiederzuerkennen ist. Sowohl die Lyrics als auch die Musik ist dabei so minimal gehalten, dass man nur schwer noch von Rockmusik sprechen kann. Es ist irgendwie zu still dafuer um Grunge zu sein, und viel zu laut fuer Folk. Aber Einfluesse von Nirvana sind schon zu hoeren und von den 60er-Folkrockern ist ein ganz leiser Nachall zu hoeren, wo nichts hallt, sondern eigentlich alles droehnt.




5. Titus Andronicus - The Monitor

Am Ende hat dann doch jeder Stil seine Daseinsberechtigung. Als das erste mal jemand das Wort “Springsteen-Punk” benutzte, waere ich am liebsten dabei gewesen und haette ihn geschlagen. Titus Andronicus fuehren diesen jetzt aber auf so schoene Weise ad absurdum, dass es eine Freude ist. Mit dem Einsatz von Blaesern, Streichern und einem Dudelsack-Solo machen sie so viel um das letzte Stueck Punk auszuradieren, dass am Ende sogar ihre unpunkigsten Momente wie das Duett “To Old Friends And New” wieder irgendwie dagegen sind. Mehr dagegen als Craig Finn von The Hold Steady je sein wird, obwohl er mit einem Vorlese-Part hier vertreten ist. Obwohl die Songs also bei laengen bis zu 15 Minuten den Amerikanischen Buergerkrieg beschreiben und die Texte so ueberhaupt nicht rebellieren, sondern mehr emotional aus der Seele sprechen als politisch, ist dies mein Punkalbum des Jahres.

6. Perfume Genius – Learning
Indie-Pop-Songs mit unglaublich guten Texten nur auf amateurhaftem Keyboard und verhallter Stimme und ohne Produktion. Musik geht eigentlich gar nicht direkter.

7. Faust - Faust Is Last
Die Industrial-Vaeter entdecken die Rockmusik fuer sich. Das Droehnen, kalte Schimmern, Schwanken, all das Zeitlose bleibt ihnen dabei aber erhalten. Diese Band koennte sich soviel aendern wie sie will, am Ende stehen immer Hans Joachim Irmler vor dir und macht irgendwas mit deinem Gehirn… Seltsame 70er.

8. Fotos – Porzellan
Ehemalige Indie-Rock/Britpop-Band macht auf einmal ein Noiserock-Album im Sinne von The Jesus & Mary Shain – Shoegaze ist ein Scheissbegriff – und das mit tollen, wenn auch sehr metapherlastigen Texten.

9. Weekend – Sports
Fiebsen kann manchmal so emotional sein und wenn unter dem ganzen Noise dann sowas wie The Velvet Underground in Punk drunterliegt, bin ich zufrieden.

10. Johnny Cash - American VI
Johnny Cash, muss ich da was zu schreiben?

11. The Ruby Suns - Fight Softly
Blubber-Pop mit langsamen Gesang und einer vielfaeltigen Soundlandschaft; Ne Tour mit Animal Collective waere passend.

12. Chase The Dragon – Tales of Transit
Ein Band aus Magdeburg, die nur noch Piano und Akustikgitarre spielt. Das sind astreine Popsongs, aber mit Herz.

13. SDP – Kontrastprogramm
Ehemalige Fun-HipHop-Band ist das auch weiterhin und macht ein Album ohne Ausfaelle und mit einem gewissen neuen Ansatz, den Hintergrund interessant zu machen(Mein Leben).

14. Wive - Pvll (7/10)
Ja, okay, schwer zu vergleichen, A Whisper In The Noise mit Electronik, ziemlich… traurig. Aber gerade die Verlorenheit dieser elektronischen Kammermusik macht es moeglich sich in ihr zu verlieren.

15. White Hills - White Hills/Stolen Stars Left For No One
White Hills, verdammt nochmal; Jams, die so klingen als haetten sie vorher monatelang nur Krautrock und Earthless gehoert – und gekifft bis zum nicht mehr aufstehen koennen natuerlich und mit “DEAD” haben sie auch noch den besten Psychedelic Rock-Song des Jahres geschrieben.

16. Micah P. Hinson - ...And The Pioneer Saboteurs
Folk mit Anspruch.
Nein, so doof lass ich das nicht stehen: Micah P. Hinson macht hier einfach alles, womit andere das Genre zerstoeren wuerden – aber er klingt dabei so urspruenglich wie mein Platz 10.

17. !!! - Strange Weather, Isn't It
Wenn noch einmal jemand das Wort Dance-Punk in den Mund nimmt, stirbt er. Das Album hat mit Gossip naemlich gar nicht gemeinsam - mit dem Psychedelischen Funk eher mit of Montreal oder eine aktuelle Parliament-Version.

18. Smoke Blow - The Record
Hardcore-Punk in Reinform mit “Ich hau dir in die Fresse”-Texten. Was will man mehr?

19. Trash Talk – Eyes & Nines
Zu 18: Das hier vielleicht… Wenn Trash Talk die Songs ohne Doom-Einschlag jetzt noch ein Stueck zusammendraengen, wie es ihnen frueher gelang, wo kaum einer ihrer Songs laenger als 1 Minute war, 1:30 war ganz selten, dann das hier.

20. Peter Broderick - How They Are
Peter Broderick am Klavier schafft Klassik, Phantom Ghost letztes Jahr waren aber cooler.

21. The Gay Blades – Savages
Rockmusik, ja und das so breitgefaechert, wie man es sein kann, wenn man wirklich nur Rockmusik macht – der Grunge-Einschlag im ersten Song weicht in den anderen einem Brendan Benson, der seine Popaffinitaet nicht wahr haben will.

22. Belleruche - 270 Stories
DJs mit Rocksamples und Soulsaengerin, das ist alles um sowas wie The Xx in cool zu bilden.

Es gab auch andere Alben, die durchaus eine 7/10 verdient haben, die jedoch einfach Songs beinhalteten, die sich fuer mich bis jetzt nicht erschlossen haben. Und wenn ich bei einem Album Skip druecken muss, gehoert es nicht in eine Best-Of-Liste. Diese Alben waren von: Portugal. The Man, Pontiak, Janelle Monae, of Montreal, Haken und einigen anderen.

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