Samstag, 12. März 2011

Morlockk Dilemma - Circus Maximus (Review)

Es gibt sicherlich nicht all zu viele Rapper aus Deutschland, die stärker polarisieren als Morlockk Dilemma. Viele Hörer können auf Grund seiner sehr speziellen Rapstimme, seines öfters schwer verständlichen Flows, seiner Retrobeats und seiner teilweise wenig massenkonformen Themenauswahl, wenig bis gar nichts mit ihm anfangen, andere begeistert er aus exakt denselben Gründen. Ich persönlich zähle mich zu letzteren und war dementsprechend sehr gespannt auf seine mittlerweile fünfte Solo-LP, die ich bis jetzt nun einige Male gehört habe. Dabei bleibt vor allem folgendes festzustellen, Morlockk Dilemma ist immer noch der alte, allerdings gibt es gewisse Weiterentwicklungen. Doch trotzdem, wer der Musik des Leipzigers bisher nicht viel abgewinnen konnte, wird auch "Circus Maximus" nicht als Hörvergnügen empfinden. Alle anderen dürfen sich auf 20 Tracks freuen, die, und das schon mal vorweggenommen, qualitativ definitiv über dem Durchnitts-Deutschrap liegen.

Eingeleitet wird das Album durch das Intro, in welchem wieder einmal ein Ausschnitt eines Films gesampelt wurde. Diesmal ertönt der Monolog einer männlichen Person, die über die Vergänglichkeit der Kunst und des Menschens spricht. Da ich nicht so der Experte in Sachen Filme bin, kann ich leider nicht sagen aus welchem dieser Auszug stammt, ich kann jedoch sagen, dass Morlockk Dilemma mit diesem eine gute Wahl getroffen hat. Mit einer Spielzeit von einer Minute ist das Intro vergleichsweise kurz, doch schließlich folgt danach auch ein Ereignis von dringender Wichtigkeit; der Auftritt des Messias, thematisiert in "Die Ankunft". Starke Worte, mit leichtem Augenzwinkern ("Ab heute siehst du nun klar / trocknet die Tränen, der Messias ist da" auf einem starken Beat ergeben einen Auftakt nach Maß. Gefolgt wird dieser von einem Track der genauer auf den Messias eingeht, der letztendlich nur "Ein Penner, ein Restmensch, ein unsichtbares Subjekt" ist. Unterstützt wird Morlockk diesmal von Absztrakkt, der sich keine Blöße gibt und eine gelungene Strophe abliefert. Nachdem der Hörer die Ernüchterung über den Heiland miterlebt hat, wird er ins Reich der Sagen entführt. In "Der Baum" erfährt er die Geschehnisse rund um eine große
Pflanze im nahen Osten, die aber im Unterschied zu herkömmlichen Gewächsen, anstatt Äpfel oder Pflaumen, Edelsteine trägt und somit die durch Gier getriebenen Menschen anzieht. Diese aber teilen die Früchte nicht friedlich und gerecht auf, sondern erheben das Schwert und kämpfen um die Rubine, wobei das dadurch fließende Blut den Baum zu weiteren Blüten treibt und somit auch die Gier wachsen lässt. Selten hört man im Rap eine so gut erzählte Geschichte, wofür auch Hiob, ein Stammgast auf Dilemmas Alben, auf Grund seiner großartigen Strophe verantwortlich ist. Der Track besitzt zudem auch die Stärke, Platz für eigene Interpretationen in Bezug auf die heutige Zeit, zu lassen. Ähnlich verhält es sich mit dem nachfolgenden "Mordshunger". Getrieben vom Konsumwahn wird auf der Suche nach bestimmten, nicht lebensnotwendigen Lebensmitteln auch vor einem Raubüberfall samt Pistolenschüssen nicht zurückgeschreckt.

Man könnte jetzt hier noch auf jede weitere der 20 Anspielstationen eingehen, doch belassen wir es bei einem Blick auf die interessantesten nachfolgenden Tracks. Einer meiner Favoriten auf "Circus Maximus" ist sicherlich "Galgenberg", das die Bedeutung dieses Hügels, damals wie heute, beleuchtet. Gewiss ist es auch ein Highlight der Platte, da es wieder einmal die Ausnahmestellung des Rappers zeigt. Denn von welchem deutschsprachigen MC würde man schon ein solches Lied über eine solche Thematik hören? Viele Namen fallen einem da sicher nicht ein. Definitiv noch eine Erwähnung wert ist "Der Stein", ein Track über die innerliche Abgestumpftheit, unbequeme Gefühle, Vernunft und Triebe. Kurz um, die persönlichen, innerlichen Konflikte, mit denen der Mensch zu kämpfen hat. Hier überspitzt, aber trotzdem tiefgründig dargestellt und durch eine von Hiob gerappte Hook abgerundet.

Natürlich werden auf diesem Album auch wieder schlechte Rapper und deren Freundinnen beleidigt. Morlockk kehrt also wieder mit dem Eisernen Besen den Dreck aus der Rapszene. Unterstützt wird er dabei auf einem der 4 Battle orientierten Stücke von R.U.F.F.K.I.D.D und JAW, die eher durchschnittliche Kost abliefern, wobei man es gerade von letzterem deutlich besser gewöhnt ist. Dafür zeigt Morlockk wieder mit Zeilen wie "Das sind Silben aus Stahl, die dir den Unterkiefer zerbrechen / Sie brüllen meinen Namen, bis sie die Lungenflügel erbrechen.", wer der Chef im Rapring ist. Doch seine besten Reimattacken warten in "Vorsuppe" auf den Hörer. Auf einem grandiosen, dreckig rumpelnden Beat wirft der Leipziger seinen Gegner messerscharfe Lines wie "Deine Jungs mimen den sterbenden Schwan / um dich dann hängen zu lassen, wie ein Militärtribunal" und "Sie wollen den Gangster am Mic spielen / sehen sich als Ice behangende Dealer, doch hängen in der Eisdiele" entgegen.

Beattechnisch hat Dilemma wieder einiges geleistet. Kein Ausfall unter den Oldschool orientierten, von trockenen Drums und einzelnen melodiöseren Sampels geprägten Instrumentals. Zudem klingt die komplette musikalische Untermalung wie aus einem Guss, was "Circus Maximus" sehr rund wirken lässt. Betrachtet man jetzt wieder das Gesamtwerk, lasst sich trotz des vielen Lobens auch negative Dinge ausmachen. Als erstes wäre da ein Problem, was besonders bei "Der Schatten" auftritt. Die Handlung ist interessant, die Raps, der Flow und Beat sind gut, man denkt sich einfach "Das ist alles gut gemacht!", aber so richtig will der Funke nicht rüberspringen, der Track zündet einfach nicht. Diesen Mangel kann ich aber nur bei einigen wenigen Tracks in der 2. Hälfte der Platte feststellen, ansonsten zünden alle Songs. Abseits davon lässt sich höchstens beklagen, dass das Ende unnötigerweise durch ein Interlude und 2 Outros hinausgezögert wird und dass manche Zeilen auch nach mehrmaligen Hören akustisch nicht verständlich sind, was besonders bei Punchlines stört. Andererseits motiviert das auch die Platte immer wieder zu hören.

Von diesen eben genannten weniger erfreulichen Dingen einmal abgesehen, ist "Circus Maximus" wirklich großartig. Es klingt noch runder als die Vorgänger "Omnipotenz in D-Moll" und "Der Eiserne Besen", hat durchweg gelungene Beats und das Morlockk Dilemma als MC einiges draufhat ist ja ohnehin klar. Bewertungsmäßig ist das Album sehr nah an den 9 Punkten dran, doch es reicht noch nicht ganz, wobei ich mir gut vorstellen kann, das die Songs, die bisher noch nicht wirklich gezündet haben, dies mit der Zeit noch tun werden und somit eine bessere Endnote bewirken. Aber ob so oder so, tolle Platte!

8/10 Punkte




erstellt von Markus.

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